Predigt von Bischof Jack Urame (Papua-Neuguinea) zu “Erlösung ist nicht käuflich! – Salvation not for Sale!” zu Matthäus 28,19-20
Bischof Urame hat diese Predigt zum Jahresthema von MissionEineWelt verfasst: "Erlösung not for Sale!"
Jack Urame war viele Jahre in Franken als Pfarrer tätig, spricht fließend deutsch, war dann am Melanesischen Institut in Goroka wissenschaftlich tätig. Inzwischen ist er seit einigen Jahren Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Papua-Neuguinea. Seine Predigt auf Englisch wurde von Pfr. Reichenbacher übersetzt.
Bischof Urame hat sich als Predigttext den sog. Taufbefehl vom Ende des Matthäusevangeliums gewählt:
Geht hin in alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
(Matth. 28,19-20)
Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
„Erlösung ist nicht käuflich!“ war eines der drei Unterthemen der Lutherischen Weltversammlung bei der 12. Vollversammlung in Windhoek in Namibia im Jahr 2017. Vertreter vieler Lutherischer Kirchen weltweit kamen zusammen und feierten 500 Jahre Reformation. Der Leitspruch lautete: „Befreit durch Gottes Gnade“ und hatte drei Unterthemen: „Schöpfung steht nicht zum Verkauf“, „Menschen stehen nicht zum Verkauf“ und “Erlösung steht nicht zum Verkauf”.
Nachdenken über Jesu großen Auftrag
In dieser Predigt will ich darüber nachdenken, was der Lutherische Beitrag zum Thema “Erlösung steht nicht zum Verkauf” sein kann. Was meint diese Botschaft für uns heute in einer Welt, die durch viele negative Kräfte zerstört wird? Ich will diese lutherische Stimme auf dem Hintergrund von Jesu großem Missionsauftrag im Matthäusevangelium zu Gehör bringen.
Als Jesus seine Jünger beauftragt hat, ruft er die Gemeinschaft der Glaubenden, die Kirche, zum Handeln auf. Er ruft die Kirche in eine größere Verantwortung. Er beauftragt sie, Verantwortung zu übernehmen für Lehre, Gebet und Taufe als wichtigste Aufgabe: Denn wenn sie in dieser Aufgabe beständig bleibt, bleibt sie beständig dabei, den Leib Christi zu bilden.
Ohne diese christliche Aufgabe zu übernehmen, kann christlicher Glaube nicht lebendig bleiben und die Kirche wird irrelevant. Das große Ziel Jesu für die Kirche ist, die Aufgaben in der Welt als Akt der Gnade Gottes zu begreifen. Gott sendet seinen Sohn in die Welt, um die Menschen zusammen zum Glauben zu führen und dieser Glaube soll gelebt und ausgedrückt werden in der Liebe zu Gott und zum Mitmenschen.
Was uns der Text sagen will
Heute wissen wir, dass die Kirche noch als Kirche existiert aufgrund dieses Auftrags Jesu zu missionarischen Handeln: Predigen, Lehren und Taufen stehen noch immer im Zentrum der christlichen Mission. Gottes Aufruf an die Kirche, in der Mission aktiv zu bleiben, bleibt ein Ruf an die Kirche, auch heute durch die Kraft des Heiligen Geistes an diesem Thema dran zu bleiben.
Die Kirche Gottes existiert überall auf der Welt, wo Christen Gottesdienst feiern, wo sein Wort gepredigt wird, wo die Sakramente gereicht, wo der Glaube bekannt wird und Vergebung der Sünden gewährt werden. Dies sind sichtbare Zeichen der Gnade Gottes. Die Gnade Gottes aber wird umsonst angeboten, so dass wir Erben seines himmlischen Reiches werden. Deshalb sind wir als Kirche dazu berufen, die Gnade Gottes in der Welt auszubreiten. Diese Aufgabe sollten wir kostenlos anbieten, denn sie kostete das Leben unseres Heilandes, um uns zu erlösen.
Der Wille Gottes
Der Auftrag Jesu für die Kirche zu missionarischem Handeln zeigt uns in aller Klarheit den Willen Gottes, des Vaters. Der Auftrag Jesu an seine Jünger enthüllte ihnen Gottes Plan, alle Menschen zu retten – unabhängig von Ethnien, Rasse, Nationalität, Sprache und Kultur. Erlösung ist nicht begrenzt auf bestimmte Leute oder Nationen, sondern steht allen offen ohne Kosten oder Verpflichtungen. Juden und Heiden sind im Rettungsplan Gottes eingeschlossen. Der höchste Wille Gottes ist, dass alle Erben seines Reiches werden sollen. Deshalb sein Auftrag, in der ganzen Welt das Evangelium zu predigen, damit alle gerettet werden.
Der Apostel Paulus nennt das Evangelium die Kraft Gottes, um alle zu retten, die glauben. Er schreibt: „Ich schäme mich nicht des Evangeliums, denn es ist eine Kraft Gottes zur Erlösung für alle, die glauben, zuerst für die Juden, dann auch für die Heiden (Römer 1,17). Alle werden hier mit eingeschlossen: Reiche und Arme, Alte und Junge, Männer und Frauen.
Als Jesus die Jünger aussandte, setzte er ihnen keine geographischen Grenzen. Sie sollten das Evangelium zu allen Nationen bringen – frei, kostenlos und ohne dafür eine Bezahlung zu erwarten. Denn Gott trägt alle Kosten durch den Tod seines Sohnes und der bezahlte mit seinem Leben, um uns zu Erben des Himmelreichs zu machen.
Unser Bemühen und Ziel als Kirche
Heute ist unser Bestreben in der Kirche, Gottes Auftrag auszurichten. Die Kirche ist aufgerufen, weiterhin das Evangelium auf vielerlei Art und Weise zu auszubreiten. Deshalb fahren wir als Kirche fort, Menschen auszubilden, damit sie sich in der Verkündigung in ihren Gemeinden engagieren oder senden sie als Missionare aus, um zu lehren und zu predigen oder andere Aufgaben in der Mission zu übernehmen. Die Kirche unterstützt weiterhin diese Mission finanziell und personell und durch manch andere Aktivitäten. Diese Arbeit sollte getan werden, ohne irgendeine finanzielle Gegenleistung zu erwarten.
Unsere Motivation für unser Engagement im missionarischen Tun Gottes ist nicht Geld, sondern Glaube. Der Glaube motiviert uns und bringt uns dazu, die Gnade Gottes auszubreiten in der Welt, verschiedenste Arten von Verantwortung in der Gemeinde und der Kirche zu übernehmen und unser Leben und unsere Ressourcen für das Reich Gottes einzusetzen. Gottes Gnade befreit uns dazu. Wenn wir von dieser Gnade erfüllt sind, dann wollen wir sie auch anderen mitteilen, ohne irgendeine Gegenleistung dafür zu erwarten von denen, die wir überzeugen können. Im missionarischen Handeln gibt es keine Reziprozität: Wir können Gottes Gnade nicht mit materiellen Dingen kaufen. Sie ist umsonst gegeben und muss dementsprechend umsonst weitergegeben werden.
Darum ging es Luther in seinem Kampf, die Kirche seiner Zeit zu reformieren, als den Menschen Angebote gemacht wurden, Gottes Gnade mit Geld zu kaufen. Dies war der zentrale Beweggrund, der zur Reformation geführt hat. Deshalb müssen wir beständig von neuem unsere Stimme gemeinsam erheben: Erlösung ist nicht käuflich!
Unser gegenwärtiger Kampf
Unsere reformatorische Geschichte sollte unser lutherisches Erbe weiterhin im Bewusstsein halten. Luthers Ideen bleiben aktuell in unserer Zeit und in unserer Situation. Als Christen und als Kirche sollten wir aufstehen gegen menschliche Ideen, die nicht biblisch oder korrekt wirken. Wir sind aufgerufen, zu bezeugen und uns einzusetzen für die Mission, denn wir tragen den Namen „evangelisch“, um andere zu erreichen mit dem Evangelium der Erlösung, der Liebe und des Friedens, wie wir es durch Christus geschenkt bekommen haben.
Der Geist der Reformation, den wir 2017 gefeiert haben ist bis heute frisch. Inzwischen dauert unsere Reise 502 Jahre an und wir treten ein in eine neue Ära unserer Reise als Kirche. Unsere Geschichte hat uns dazu geformt, weiterzugehen in die Zukunft mit einem erneuerten Geist einer andauernden Reformation und Weiterentwicklung unserer Kirche, unserer Leben, Familien, Gesellschaften und Nationen. Wir brauchen solch eine Erneuerung unserer Leben und Wiederherstellung der Zerrissenheiten unserer Familien, Gesellschaften und Nationen. Die Botschaft der Befreiung lässt erneut unsere Ohren klingeln beim Gedanken daran, was das für uns als Kirche heutzutage bedeutet.
In der wachsend globalisierten und säkularisierten Welt stehen wir in einem Wettkampf zu neuen Trends und Entwicklungen. Unsere Traditionen sind im Schwinden begriffen, unsere Kulturen versagen zum Teil und unsere Werte erodieren als Mittel zur Veränderung. Werte wie Respekt, Liebe, Sich kümmern um Andere und das Teilen nehmen ab in unseren Gesellschaften. Unser reiches Netzwerk sozialer Bindungen reißt ab, während unser materieller Reichtum wächst. Unsere Spiritualiät und unser Leben in Gemeinschaft sind tief betroffen von solchen Entwicklungen. In unseren Kirchen nimmt die Beachtung des Sonntag ebenso ab, grundlegendes Glaubenswissen in den Familien geht immer mehr verloren. Die junge Generation ist desorientiert und verwirrt, braucht aber geistliche Führung und positive Orientierung für das Leben.
Da wir von solchen komplexen Zusammenhängen in unserer Gesellschaften betroffen sind, müssen wir wiederholt fragen, was wir sind und was wir tun. Als Kirche sind wir in missionarisches Handeln gerufen, um Gottes Rettung für die Menschheit erreichbar zu machen. Deshalb müssen wir weiterhin lehren und predigen und zurückkehren zur Vermittlung von Basiswissen unseres Glaubens für die, denen das alles verloren gegangen ist.
Heute sind wir aber auch konfrontiert mit vielen Lehren und Ideologien, die viel Verwirrung stiften. Da gibt es neue religiöse Bewegungen, die unseren Glauben und unsere Botschaft herausfordern und viele Menschen sind verwirrt. Manche sind fasziniert davon, z.B. von einer Art „Wohlstandsevangelium“. Sie benutzen die Kirche als eine Art Einfallstor, um Profit zu machen. Sie benutzen das Wort „Gott“ als Weg, um Geld für ihr eigenes Überleben zu bekommen. Sie benutzen die Gnade Gottes im Austausch für materiellen oder fanatischen Vorteil. Das ist die Gefahr bei der Verkündigung oder beim Theologietreiben heute.
Diese Ideologie, bei der Glaube mit Wohlergehen verbunden wird, ist attraktiv, aber nicht biblisch und nicht akzeptierbar. Christ zu werden ist nicht gleichbedeutend damit, wohlhabend und glücklich zu werden. Wir wissen, dass Christus selbst leiden musste und viele wahre Christen litten ebenso aufgrund ihres Glaubens. Wir müssen also ebenso darauf gefasst sein, leiden zu müssen – in unserer Arbeit für Gott oder aufgrund unseres Glaubens an ihn. Und wenn das geschieht, müssen wir dankbar sein wie es der Apostel war, wenn er während seiner Missionsreisen leiden musste.
Ein anderer Wettstreit, den wir beobachten, ist das Sprießen neuer Religionen mit verschiedensten Namen rund um den Globus. Viele von ihnen bringen ihre Anhänger dazu, eine Menge Geld dafür zu geben, dass der Prediger davon gut leben kann. Beim Spenden für ihn denken sie, sie würden Gott einen Gefallen tun und sich dadurch Gottes Gnade erkaufen. Das ist fast wieder wie bei den Ablassbriefen im Mittelalter, gegen die Luther gekämpft hat. Darum ist es wichtig, dass wir nicht nur lehren und predigen, sondern auch das Wort Gottes verteidigen in der Theologie und in den grundlegenden Bekenntnissen der Kirche. Die Verantwortlichen in der Kirche sind deshalb dazu aufgerufen, die Wahrheit des Evangeliums gegenüber falschen Lehren dieser neuen Religionen zu verteidigen.
Unsere Botschaft heute muss auch die zukünftigen Generationen mit in den Blick nehmen. Die Kirche von Morgen wird davon abhängen, wie wir sie und ihre Werte mit der Kraft des Hl. Geistes formen. „Erlösung ist nicht käuflich!“ ist eine Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit. Wir müssen zusammenstehen als eine Gemeinschaft von Glaubenden und unsere Solidarität als Kirche bestärken und alle Formen von negativen Kräften abwehren: Ideologien, Systeme und Strukturen, die Menschen zu Sklaven machen, Kräfte, die Schöpfung zerstören, und Stimmen, die die Botschaft des Evangeliums verzerren.
Die Wichtigkeit der Lutherischen Stimme in der heutigen Welt
Unsere lutherische Stimme in unseren Kirchen, Gesellschaften und in der ganzen Welt sollten wir für die gemeinsame Botschaft erheben: „Erlösung ist nicht käuflich, sondern ist ein freies Geschenk Gottes, das an alle Menschen frei weitergegeben werden soll!“ Wir selbst sind gerettet durch Gottes Gnade und deshalb aufgerufen, diese Gnade weiterzugeben in der Welt, besonders da, wo Brüche des Lebens sind, wo es zerbrochene Familien, Gemeinschaften, Gesellschaften und Nationen gibt. Wir sind gerufen, die Gnade Gottes zu verkünden alle denen, die an Ungerechtigkeit leiden, die für Freiheit kämpfen oder für Gleichberechtigung oder Gerechtigkeit. Wir müssen sie denen verkündigen, die sich nach Frieden, Liebe und Fürsorge sehnen oder nach Heimat, Nahrung und Wasser.
Erinnern wir uns an Jesu Wirken und Aufgabe: Er opferte nicht nur sein eigenes Leben, um uns von den Kräften des Bösen zu befreien, sondern er verkündete auch die Frohe Botschaft vom Frieden mitten in einer Gesellschaft, in der Menschen von vielen negativen Kräften besessen waren. Jesus sah Menschen, die von Gewalt umgeben waren, von Angst, von sozialer Ungerechtigkeit, wirtschaftliche Ungleichheit, politischer Unterdrückung und Krankheit. Er verkündete ganz offen das Evangelium, um ihnen die Hoffnung zu geben, dass es etwas gibt, das viel besser ist als die gegenwärtigen Bedingungen der Welt.
Er sagte:
Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.
Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind, die da hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.
Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.
Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und allerlei Böses gegen euch reden und dabei lügen. Seid fröhlich und jubelt; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden.
Heutzutage ist unsere Gesellschaft nicht besser als zu Zeiten Jesu. Deshalb muss die Kirche fortfahren, in ihrer Botschaft relevant zu bleiben und versuchen, die Menschen zu erreichen, weil wir wissen, dass wir noch immer in einer nicht perfekten Welt leben. Jesus kam, um Barmherzigkeit zu üben, unser Leben aufzurichten und unsere Beziehung zu Gott und berief uns, Kirche zu sein und stellte uns mitten hinein in die Kräfte von Negativität, die uns umgeben. Deshalb ist unsere Rolle als Christen weiterhin, uns einzusetzen für die Ausbreitung des Reiches Gottes, für Predigt des Evangeliums, für Freiheit und Frieden.
Unser Auftrag
Gott gründete seine Kirche in der Welt und berief uns zu Zeugen Christi. Er sendet uns aus in die Welt und nicht etwa außerhalb der Welt. Wir sind Zeuge unseres Glaubens und unseres Lebens mit Christus. Jesus fasst das ganze mosaische Gesetz zusammen mit den Worten: Liebe Gott und liebe deinen Nächsten. Dein Nächster könnten der Fremde nebenan sein, auf der Straße oder wo du ihm sonst begegnest. Nächstenliebe und Sorge für den Mitmenschen basiert auf der Botschaft von der Liebe Gottes für uns. Die Liebe, die von Gott zu uns kommt, soll weiterfließen zu anderen Menschen. Unsere Welt wird ein besserer Ort zu leben sein, wenn Gottes Gnade jedes Herz erfüllt und weiterfließt zu anderen in Freiheit. Für diesen Auftrag, die Gnade Gottes in der Welt weiterzugeben, gibt Christus uns die Zusage in seinem Versprechen: „Ich werde bei euch sein alle Tage bis an der Welt Ende!“ Weil Christus mit uns ist, können wir unsere gemeinsame Stimme gemäß unserer Verpflichtung zu Gottes Auftrag erneut bestärken, die Gnade Gottes ebenso frei weiterzuschenken wie wir sie als Geschenk von Gott empfangen haben. Erlösung ist nicht käuflich! Sie wird als Geschenk empfangen und muss als Geschenk weitergegeben werden an die ganze Welt!