Gedanken zu Hebräerbrief 13,1-3 von Prädikantin Anita Kämmer-Frey

Der Predigttext für den 7. Sonntag nach Trinitatis, 26.07.2020, steht im Hebräerbrief, Kapitel 13, die Verse 1-3.

Gespräche und Essen, diese Kombination hat eine Wirkung auf uns Menschen.

Jesus kannte sie und nutzte sie ganz bewusst, manchmal geradezu offensiv: Er ließ sich gerne einladen und manchmal lud er sich sogar selbst ein zum Essen bei anderen.

Er ließ sich von Pharisäern einladen, die meinten, sie seien besonders rechtgläubig: so z.B. der Pharisäer Simon, der bei diesem Essen lernen muss, dass Gott besonders diejenigen liebt, die viel Liebe geben - selbst wenn es eine Prostituierte ist. Aber gerade ein solche kommt zu diesem Essen und wäscht Jesus mit ihren Tränen die Füße und trocknet sie mir ihren Haaren.

Auf der anderen Seite lud Jesus sich bei Zöllnern ein, die nie im Traum daran gedacht hätten, dass sie einmal einen so angesehenen und berühmten Gast bewirten dürfen. Denn die Angesehenheit des Gastes fällt auch auf den Gastgeber. So durfte es der Zöllner Zachäus erleben, der von der Stadtbevölkerung in Jericho gemieden und gehasst wurde. Aber als Jesus ausgerechnet ihn auffordert, sein Gastgeber zu sein – da fällt ihm seine Habgier wie Schuppen von den Augen und er ändert daraufhin sein Leben grundlegend.

 

Gespräche und Essen – Essen und Gespräche.

Das gehört zusammen, das tut uns Menschen gut, da tauen wir auf, da kommen wir uns nahe.

In der Hochphase der Corona-Krise haben das allein lebende Menschen besonders schmerzhaft erleben müssen: Einkaufen und genügend Essen zu Hause zu haben, war im Normalfall nicht das Problem. Ganz wunderbar haben hier Kinder für ihre Eltern, junge Nachbarn für ihre älteren Nachbarn oder auch Nachbarschaftshilfen für alle die gesorgt, deren Gesundheit besonders gefährdet war.

Doch das Essen alleine ist es nicht – im doppelten Wortsinn! Essen und Trinken sind wichtig – aber sie sind nicht alles, was wir zu einem glücklichen Leben brauchen. Alleine zu essen ist für viele Alltag – aber wenigstens am Sonntag oder zu besonderen Anlässen gemeinsam zu essen, das ist fast jedem Menschen wichtig. Ob zuhause jemanden einladen können zum Essen oder gemeinsam ins Restaurant zu gehen, das braucht unsere Seele, das nährt unsere Seele.

 

Wir brauchen Gemeinschaft.

Natürlich nährt sich unsere Seele auch von anderen schönen Dingen – von der Schönheit der Natur, die viele im Corona-Frühling besonders genossen haben, oder von den Vogelstimmen, die besonders gut zu hören waren, weil der Verkehr leiser war als sonst.

Aber das alles kann nicht das persönliche Gespräch, das miteinander Feiern, das miteinander Lachen, das Miteinander Weinen ersetzen.

Wie gut, dass wir nun wieder Taufen und Trauungen feiern, Bestattungen begehen und Altenheimbesuche machen können.

Sie sind wichtig für uns alle – für Besuchte wie für Besucher, für Trauernde wie für Mittrauernde, für Gastgeber wie für Gäste. Und wie sagt Paulus: Wir können dabei sogar Engel beherbergen – und ich denke, auch Gastgeber können ihren Gästen zu Engeln werden.

 

Wenn wir es uns immer wieder bewusst machen, wie gut es uns in aller Regel geht im Vergleich zu Gefangenen und Misshandelten, an die Paulus uns erinnert, dann fällt es uns vielleicht leichter, zu guten Gastgebern zu werden.

Wenn wir uns einfühlen in ihre Probleme und ihr Leid, sollte es uns gelingen auch diese Menschen anzunehmen und aufzunehmen.

 

All das wusste Jesus und er lebte danach, bis zum Ende.

So wünschte er sich am Abend vor seiner Gefangennahme ein gemeinsames Mahl mit seinen Freunden – und ich nehme fast an, dass es außer den Zwölfen auch einige Frauen waren, die mit zu Tisch saßen. Denn das gehörte auch zum Kennzeichen der besonderen Tischgemeinschaft Jesu dazu: Alle waren ihm willkommen, alle gehörten zu seiner Gemeinschaft – Männer wie Frauen.

Das zeigt uns auch die Geschichte der Schwestern Martha und Maria – Martha übernimmt die klassische Rolle der dienenden und bewirtenden Frau, Maria aber bricht in die damalige Männer-Domäne ein, sitzt Jesus zu Füßen und lauscht seinen Worten. Und Jesus verteidigt ihr Verhalten, als sie dafür angegriffen wird

Frauen wie Männer sind von Jesus aufgerufen, an seinem Tisch Platz zu nehmen, auf seine Worte zu hören, sich mit ihm auszutauschen über das, was sie beschäftigt und so für ihre Seele zu sorgen ebenso wie für ihre leiblichen Bedürfnisse.

Doch auch Jesus selbst, in diesem Fall der Gastgeber, braucht diese Art der Seelsorge durch das gemeinsame letzte Mahl, um sich zu stärken für seinen schweren Weg ans Kreuz. Und um für immer unser Gastgeber zu sein, spendet er wiederum an diesem Abend zur Stärkung für alle, die an ihn glauben, das Abendmahl, für alle Zeiten.

 

Das, was damals geschah und auch heute immer wieder geschieht, können wir als Segen bezeichnen: Nicht nur beim Abendmahl, sondern immer dann, wenn Menschen sich in brüderlicher und schwesterlicher Liebe begegnen, ihnen Zeit schenken und das was sie gerade am nötigsten brauchen, wird zum Segen Gottes. Dies kann etwas Materielles sein, oder etwas Spirituelles – also ein Segen für den Leib oder für Geist und Seele.

 

Essen und Trinken – gute Gedanken, Gespräche und Ideen. Wenn wir das in Fülle haben, wie Jesus es uns immer wünscht, dann sind wir gesegnet.

Die Gastfreundschaft Jesu und die menschliche Gastfreundschaft, die wir erfahren oder anderen schenken, kann ein Weg zu diesem Segen sein.

 

Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete Zeit!

 

Der Text zum Download: