Predigt zu Lukas 5,1-11 am 5. So. nach Trinitatis von Pfr. Reichenbacher

Skulptur "Petrus und Jesus" am See Genezareth
Bildrechte Stefan Reichenbacher

Liebe Gemeinde!

Die Geschichte, die heute Grundlage für die Predigt sein soll, ist sehr bekannt. Schon die Kinder lernen sie in der Grundschule im Religions-unterricht kennen: Es ist die Geschichte vom wunderbaren Fischfang, nach dem Jesus seine ersten Jünger sammelt, allen voran Petrus. Und aus Fischern, die Fische fangen, werden Menschenfischer, die Menschen für Jesus und seine Botschaft begeistern sollen.

Lesen Sie in Lukas 5,1-11

Die Geschichte spielt in drei Szenen.
1. Szene:
Jesus tritt auf – umringt von einer großen Menge Menschen, die Ihn schon kennen. Er ist bereits so etwas ein Star, um den sich die Leute reißen. Nicht, um ein Autogramm zu bekommen, sondern um etwas von ihm zu hören, ein Wort über Gott, über den Glauben. Denn die Menge hat schon erlebt, dass dieser Jesus über Gott anders und viel interessanter, lebensnäher und frohmachender von Gott reden kann als die Pharisäer und Schriftgelehrten. Außerdem kann dieser Jesus heilen! Doch es sind zu viele und Jesus merkt, dass ihn keiner mehr verstehen kann.
Deshalb wendet er sich an Petrus. Den kennt Jesus schon, denn er hat dessen Schwiegermutter geheilt. Und so bittet Jesus, dass Petrus ihn auf seinem Boot ein paar Meter vom Ufer weg fährt, damit er vom Boot aus mit ein bisschen Abstand wie von einer Art Bühne aus zu den Menschen sprechen kann.

Was für Leute werden da versammelt sein am Ufer? Wahrscheinlich Menschen wie wir auch heute hier im Gottesdienst: Ältere, Jüngere, Neugierige, Zweifelnde… die ganze Bandbreite.
Aber so wie Sie heute gekommen sind, um Gottes Wort zu hören, seine Nähe zu spüren, seinen Geist zu empfangen und die Gemeinschaft unter gleich Gesinnten zu erleben, so kamen die Menschen auch damals um Jesus Botschaft von Gott zu hören und Gemeinschaft zu erleben.

Als Jesus fertig ist mit seiner Predigt, wendet sich Petrus zu und die Menge am Ufer zerstreut sich.

2. Szene:
Petrus und seine Gefährten waren eigentlich beim Netze flicken gewesen.
Die übliche Arbeit des Fischers bei Tage, denn dazu braucht er Licht. Gefischt wird in der Nacht, wenn die Fische nach oben kommen in Bereiche, die von den Netzen durchzogen werden können. Tagsüber sind sie weit unten am Boden des Sees wo kein Netz sie erreichen kann.
Leider wissen wir nicht, was Petrus sich gedacht hat, als er den Auftrag Jesu hört, seine Netze bei Tag auszuwerfen, noch dazu im tiefen Wasser, in der Mitte des Sees. Jesus, die Landratte, sagt dem erfahrenen Fischer was er zu tun hat!? Das weiß doch jedes Kind am See, dass das völlig sinnlos ist.
Aber Petrus hat Jesus schon erlebt. Er zweifelt zwar, dass das Fischen erfolgreich sein wird, aber er will es dennoch tun. Petrus hat Respekt vor Jesus, er hat schon Erfahrungen mit ihm gemacht, die außergewöhnlich waren!

Auch wir haben wohl schon unsere Erfahrung mit Gott, mit dem Glauben, mit erfüllten und nichterfüllten Hoffnungen gemacht. Aber würden wir etwas tun, von dem wir von vornherein zu wissen meinen, dass es sinnlos ist? Würden wir etwas tun, was wir zwar vielleicht irgendwie hoffen, aber der Verstand ganz klar als unsinnig ablehnt, nur weil es jemand, den wir kaum kennen zu uns sagt?

Petrus wagt es. Vielleicht weil er spürt, dass diesem Jesus auch unglaubliche Dinge zuzutrauen sind. So wie er auch Kranke gesund machen kann, denen andere Menschen nicht helfen konnten.
Und sein Vertrauen zu Jesus wird belohnt! Er und seine Gefährten erleben den wunderbaren Fischfang!

Gottvertrauen lohnt sich. Gottvertrauen hilft zum Leben. Gottvertrauen macht Mut.
Gerade jetzt in der Coronazeit müssen wir uns eingestehen, dass wir unser Leben nicht restlos absichern können. Leben ist immer lebens-gefährlich. Wir können vorsichtig sein und bestimmte Dinge vermeiden und verhindern. Aber letztlich haben wir unsere Gesundheit, unser Leben nicht in der Hand.
Wenn jemand sagt, „Bleiben Sie gesund“, so ist das zwar ein lieb gemeinter Wunsch, aber können wir das wirklich selbst machen – gesund bleiben? Wenn jemand dagegen sagen würde: „Bleiben Sie glücklich!“, dann würde vermutlich jeder entgegnen: Das hab ich nicht allein in der Hand.
Glück, Gesundheit und manch andere wichtige Dinge im Leben können wir nicht einfach selbst „machen“, wir können manches günstig beeinflussen, doch letztendlich sind sie ein Geschenk, ein Geschenk von Gott, ein Geschenk des Lebens.
Wir können diese Geschenke annehmen und sorgsam damit umgehen,
aber nicht mehr.

Wir brauchen also Gottvertrauen zum Leben und auch zu unserer Gesundheit, weil wir sie nicht selbst machen können. Vor allem dann, wenn die Vernunft uns nicht mehr weiterhelfen kann.
Petrus hatte sich nämlich eigentlich „vernünftig“ verhalten. Er hatte zuvor bei Nacht gefischt, so wie man das richtig macht. Aber er war erfolglos geblieben.

Das kann auch uns immer wieder passieren: Wir verhalten uns „vernünftig“, verhalten uns so, wie es sich bewährt hat oder wie es der Verstand uns sagt, und trotzdem gelingt uns nichts. Wir alle kennen Frustration und Misserfolge, obwohl wir uns angestrengt haben, obwohl wir uns nach besten Kräften und mit besten Vorüberlegungen bemüht haben.

Wie schön, wenn dann einer kommt wie Jesus, einer, der sagt, probier´ es trotzdem nochmal, versuch mal was anderes, was ganz Verrücktes – und dann gelingt es auf ganz überraschende Weise!
Dann klappt eine Arbeit doch, eine schwierige Prüfung wird doch bestanden, eine Bewerbung führt überraschend doch zum Erfolg…

3. Szene:
Nach der ersten Freude, dem ersten Jubel über diesen unerwarteten Erfolg fängt es in Petrus innerlich zu rumoren an. Ihm kommt ein schrecklicher Gedanke: Wenn dieser Jesus so viel Wundersames bewirken kann, dann kann der auch in mein Herz schauen. Dann weiß der auch, was für ein Mensch ich bin. Ich glaub, von dem sollte ich mich wohl besser fernhalten.
Ja: Petrus ist Gott begegnet. Und er spürt: So toll diese Nähe Gottes für ihn ist, so sehr ist da auch ein heiliges Erschauern dabei. Eine Begegnung mit Gott ist kein lockeres Kaffeekränzchen oder ein Plausch bei einem Gläschen Wein, sondern da geht’s ums Ganze, da geht’s um die Existenz eines Menschen, da geht’s ans Eingemachte.

Und Petrus reagiert demütig. Er fällt Jesus zu Füßen. Er macht sich klein. Er gibt zu, dass er Jesus gegenüber nichts zu bieten hat als sein ehrliches Eingeständnis, ein Mensch voller Fehler und Sünden zu sein – vielleicht die beste Grundlage, um ein Leben als Jesusanhänger und Menschenfischer zu beginnen.

Auch uns tut es gut, wenn wir Gott gegenüber demütig sind, wenn wir uns bewusst machen, wie klein wir doch eigentlich sind und wie wenig wir wissen und überblicken können. Denn Gott kann uns groß machen, wie Jesus auch Petrus ganz groß gemacht hat. Gerade weil Petrus sich selbst klein macht, bekommt er eine große Aufgabe: Er soll Menschen für Jesus und sein Evangelium begeistern. Menschenfischer für Jesus werden.
Wir müssen nicht gleich wie Petrus werden. Aber damit rechnen, dass Jesus auch für uns eine Aufgabe hat, vor allem wenn wir uns nicht selbst groß machen, sondern unsere eigenen Schwächen zugeben und demütig sind.
Das muss nicht heißen, dass wir wie Petrus den Beruf wechseln müssen, wenn wir Gott begegnen – aber es könnte sein.
Es muss auch nicht heißen, dass wir alle unsere bisherigen Grundsätze und Überzeugungen über den Haufen werfen, aber es könnte sein.

Über allem, was damals geschehen ist und heute geschehen kann, aber steht der Ruf Jesu zu Petrus und zu allen anderen Menschen: „Fürchte dich nicht!“
Geh mit Gottvertrauen deinen Weg. Geh ihn wie bisher oder geh ihn anders weiter. Geh ihn langsamer oder geh ihn schneller. Aber vor allem gilt: Geh ihn im Vertrauen auf Gott, der mit dir geht und mit Jesus, der sagt: Fürchte dich nicht!

Amen.