Vom Glauben erzählen

Vom Glauben erzählen –

Predigt zu Apostelgeschichte 17,22-34 von Prädikantin Jutta Nüßle

 

Liebe Gemeinde,

wann haben Sie das letzte Mal ein ganz persönliches Gespräch mit jemanden über ihren Glauben geführt?

Zugegeben, in den letzten Monaten war das ja eh nicht möglich, da man ja kaum unter die Leute kam, geschwiege denn sich mit jemanden treffen durfte. Aber vielleicht am Telefon oder über skype? Letzten Sonntag sagte ein mir bekannter katholischer Pfarrer in seiner Predigt etwa sinngemäß: „Der christliche Glaube in Europa ist erledigt, wenn niemand mehr von seinem Glauben erzählt!“ Erschreckend, aber irgendwie wahr. Gibt es sie noch, die tiefgreifenden Glaubensgespräche, die einem noch lange in Erinnerung bleiben?

Paulus war auf seiner 2. Missionsreise gut vorbereitet auf solche Gespräche. Er reiste von einem Ort zum anderen, um Menschen von Jesus zu erzählen. Und doch verliefen seine Gespräche überall anders, es war auch für ihn keine Routine. In Griechenland führte seine Reise ihn bis zur Hauptstadt Athen, schon damals eine strahlende Weltmetropole: die Stadt von Helden, die in die Geschichte eingingen: Alexander der Große, Herakles und Herkules, die Stadt der Wissenschaft und der Kunst.

Die Stadt hatte Selbstbewusstsein. Brauchte diese Stadt Jesus?

Jesus, der statt Heldenmut am Kreuz wie ein Verbrecher hingerichtet wurde?
Jesus, der weniger wichtige Leute um sich scharte, sondern sich vielmehr mit armen Fischern und Außenseitern umgab?

Jesus, der ein Leben als Wanderprediger führte?

Doch genau in diese Metropole, die Jesus offenbar nicht brauchte, führte der Weg des Paulus. Irgendwie war Jesus wohl doch wichtig für diese Stadt. Und uns heute hat diese Begegnung auch etwas zu sagen.

Paulus entdeckte bei seinem Gang durch die Stadt viele Götzenbilder, was ihn sehr zornig machte: Götterstatuen und Tempel, die die Athener zu Ehren der Götter und Helden aufgestellt hatten. Paulus war davon wenig begeistert, er ärgerte sich über die Vielgötterei.

So suchte Paulus nach Anknüpfungsmöglichkeiten, um die Athener auf Jesus aufmerksam zu machen. Er ging den gewohnten Gang in die Synagoge und weiter auf den Marktplatz der Stadt. Er weckte die Neugier der Leute, als er auf den Altar zeigte, den sie einem unbekannten Gott geweiht hatten, wohl aus Angst, einen der Götter vergessen zu haben und seinen Zorn auf sich zu ziehen. Paulus redete von Jesus und seiner Auferstehung und die Athener dachten wohl, es handle sich um eine neues Götterpaar, Jesus und seine Auferstehung. Davon wollten sie mehr wissen und so zogen sie Paulus auf den Areopag.

Hier beginnt unser Predigtwort für den heutigen Sonntag Jubilate:

Apostelgeschichte 17,22-31 aus der Basisbibel

 

Liebe Gemeinde,

die Forscher sind sich unsicher, ob es sich bei der Ortsbezeichnung Areopag um einen Platz handelt, auf dem debattiert wurde, oder ob es die Ratsversammlung der Griechen war, bei der auch Religionsfragen verhandelt wurden. Ich kann mir gut vorstellen, dass Paulus vor dieses Gremium zitiert worden ist, um zu erklären, was es mit dem neuen Glauben auf sich hat.

Und Paulus hat gute Argumente für diesen Glauben:

1. Gott ist der Schöpfer. Er hat alles erschaffen. Er ist Herr über Himmel und Erde und kann nicht in Tempeln und Stauen eingefangen werden. Er erwartet keine kultischen Dienste, denn er braucht niemand, der für ihn sorgt. Er hat alle Menschen gleich geschaffen, sie sind seine Geschöpfe. Sie stehen in einer Beziehung zum Schöpfer, auch ohne das selbst zu wissen.

2. Gott ist der Herr. Er überlässt die Welt nicht einfach sich selbst, sondern er greift ein. Er ist da für seine Schöpfung und für seine Geschöpfe. Er ist nachsichtig, aber er fordert auf zur Umkehr zu ihm. Dazu hat er seinen Sohn Jesus auf die Welt geschickt, um Menschen an ihn zu erinnern und ihnen seine Liebe zu zeigen.

3. Gott ist Richter. Am Ende dieser Welt und eines jeden Lebens wird er sich entscheiden, ob wir vor einem offenen Himmel stehen oder ins Leere gehen. An Jesus entscheidet sich die Ewigkeit.

 

Und wie wurde diese eindringliche Rede aufgenommen?
Auch darüber berichtet die Apostelgeschichte.

Predigtwort Apostelgeschichte 17, 32-34

 

Liebe Gemeinde,

genauso, wie das im Leben eben ist:

Die einen verspotteten Paulus. Seine Gedanken passten ganz und gar nicht in ihr Weltbild. Andere wichen ihm aus. Höflich verschoben sie die weitere Aus­ein­­andersetzung mit dem Thema auf später… so ähnlich wie wir das ja auch machen, wenn uns ein Gesprächsthema zu heikel wird oder wir kein Argument mehr dagegen haben.

Und ein paar wenige gingen mit Paulus mit, wollten mehr von Jesus erfahren, ließen sich auf seine Botschaft ein und fanden zum lebendigen Glauben. Dabei waren einer von der Ratsversammlung und eine war eine Frau. Ob Dionysius und Damaris noch am selben Tag Christen wurden, wissen wir nicht. Tatsache ist, dass in der Weltmetropole nur eine kleine Schar von Menschen unterschiedlichster sozialer Stellung zu Jesus fanden. Vielleicht hätte Paulus in den Vororten Athens mehr Erfolg gehabt, wer weiß das schon.

Ist es bei mir nicht auch  manchmal so, dass ich allzu gern in meinem gewohnten Umfeld, in meiner Gemeinde, unter Gleichgesinnten von meinem Glauben rede? Auf andere „Marktplätze“ des Lebens zu gehen, bedeutet immer ein Risiko einzugehen, so wie Paulus. Werden die Leute mir zuhören, wenn ich von Jesus erzähle? Verstehen sie mich überhaupt? Und – bin ich enttäuscht, wenn sie mich auslachen? Glaubensgespräche sollte ich nicht nach Erfolgsaussichten planen. Sie einfach zulassen, ohne jeden Hintergedanken, dort wo ich lebe und wo meine Mitmenschen sind. Offen auf die Frage antworten: Und woran glaubst du?

Dabei sind mir drei Aussagen wichtig geworden:

1. Ich glaube an Gott, den Schöpfer.

So wie ich bin hat Gott mich gewollt, mit all meinen Stärken und auch mit meinen Schwächen, mit meinen Launen, meinen Ängsten und meinem Kleinmut. Er will mit mir durchs Leben gehen und hilft mir, mich weiter zu entwickeln ohne mich zu überfordern.

2. Ich glaube an Gott, der in Jesus Mensch geworden ist, um uns seine Liebe zu zeigen.

Jesus hält uns in allen Ängsten und Unsicherheiten des Lebens fest. Er geht mit uns in und durch schwierige Situationen und lässt uns in unsern Ängsten nicht allein. Was kann uns da noch geschehen?

3. Ich glaube an Gott, der mich durch Jesus versöhnt hat.

Oft machen mir Probleme mit mir selbst und mit anderen das Leben schwer. Schlaflose Nächte sind die Folge. Sicher kennen Sie das auch. Jesus schenkt uns die Kraft zur Vergebung. Wenn wir uns selber vergeben können, wird es auch einfacher, anderen zu vergeben. Einander anzunehmen, weil wir wissen, dass auch Jesus jeden und jede von uns so annimmt, wie wir sind und uns liebt.

Davon will ich erzählen, wenn mich jemand fragt: Woran glaubst du?

 

Paulus ist wegen einer Handvoll Leute nach Athen geschickt worden.

Das soll uns ermutigen, auch auf unseren Marktplätzen über unseren Glauben ins Gespräch zu kommen, damit es eben nicht dazu kommt, dass sich der Glaube in Europa erledigt.

Und dann ist es egal, wie viele letztlich zum Glauben kommen.

Amen.