Predigt zu 1. Johannes 4 von Prädikantin Anita Kämmer-Frey
anlässlich des Dezentralen Ökumenischen Kirchentags 2021
Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder im Herrn,
dass wir heute, im Rahmen des Ökumenischen Kirchentages, hier in Reutti, in der evangelischen St. Margaretha-Kirche versammelt sind, ist ein Zeichen, ein gutes Zeichen!
Wir, Angehörige verschiedener Konfessionen, sind mit dem Segen unserer jeweiligen Bischöfe zusammen gekommen, um gemeinsam Gottesdienst und Abendmahl zu feiern. Vor wenigen Jahren noch wäre das nicht denkbar gewesen.
Schön, dass Sie alle da sind um Zeichen zu setzen! Wir haben erkannt, dass das, was uns verbindet, viel wichtiger ist als das, was uns noch trennt! Uns verbindet unser gemeinsamer Glaube an Gott, an seine Menschwerdung in Jesus Christus und an Gottes große Liebe, die der Ursprung ist von allem!
So glauben wir, dass Christus jetzt bei uns ist. Denn so hat er es uns versprochen: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Und ich glaube, dass er sehr gerne mitfeiert an diesem Abend!
Manchmal fällt es mir schwer über „Ihn“ zu sprechen, was „Er“ sagte, dachte und tat, als sei er nicht anwesend.
Darum möchte ich fortfahren in meiner Begrüßung: Sei gegrüßt hier bei uns, Jesus Christus!
In Deinem Namen haben wir uns hier versammelt, Du bist mitten unter uns, wir vertrauen darauf, Du bist da.
Und ich möchte Dich fragen:
Macht es Dich nicht sehr glücklich, dass die Menschen der verschiedenen Konfessionen, die doch alle in deiner Nachfolge leben, sich näher kommen, nach und nach Trennendes überwinden oder doch zumindest erkennen, wie wesentlich das Verbindende ist?
Wie geht es Dir dabei, dass heute und jetzt an so vielen Orten dieser gemeinsame Gottesdienst gefeiert wird?
Wie geht es Dir beim Streit um Dich, bei den Diskussionen um Differenzen bei Detailfragen, wo es doch eine so großartige Botschaft gibt, die du uns verkündet hast.
Und – dürfen wir so fragen?
Ist das zulässig, oder ist es besser, wenn wir uns solche Fragen verbieten, weil sie naiv klingen?
Aber vielleicht sprechen sie auch das einzig Wesentliche an: Dass alle Menschen, die in Deiner Nachfolge leben, verbunden sein sollen in Liebe, in Liebe zu Dir und in Liebe untereinander.
Im 1. Brief des Johannes, aus dem wir vorhin die 1. Lesung gehört haben, finden sich viele Aussagen über die Liebe.
„Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht, denn Gott ist die Liebe! Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
...Lasst uns lieben, denn ER hat uns zuerst geliebt!
...und dieses Gebot haben wir von Ihm, dass wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe!
An anderer Stelle der Hl. Schrift lesen wir sogar, dass wir auch unsere Feinde lieben sollen.
Eigentlich sollte es leicht sein! Wenn wir doch von Anbeginn der Menschheit überschüttet wurden mit Gottes Liebe. Er hat diese Sehnsucht nach Liebe in unser Herz gelegt.
Aber wir Menschen machen es uns selbst unnötig schwierig. Von enttäuschten Menschen hören wir Aussagen wie: Ich werde nie wieder auf die Liebe hereinfallen, mich verletzen lassen, mich einsam und ausgenutzt fühlen…
Die Liebe ist besitzergreifend, anstrengend, kostet Nerven….
Aber- können wir diese Gefühle wirklich der Liebe anlasten?
Auch Du, Jesus musstest diese negativen Gefühle auf Deinem Weg der Liebe erleben, das Zittern und Zagen im Garten Gethsemane, der Verrat, Spott und Hohn bei der Verurteilung und erniedrigende Worte am Kreuz.
Doch selbst in dieser schwersten Stunde, sorgtest Du Dich nicht um Dich, sondern stiftetest Gemeinschaft unter den Trauernden und schafftest es sogar, für Deine Peiniger zu beten.
Denn zu Deinem Weg gehörte auch die Auferstehung, durch die Gott diesen, Deinen Weg vollendete. Durch die Du das Böse und die Schwachheit der Menschheit auf Dich nahmst - aus Liebe.
Wenn wir erkennen, mit wie viel Barmherzigkeit Gott uns und unseren Fehlern begegnet, sollten wir demütig an uns arbeiten, versuchen unseren Nächsten mit den liebenden Augen Gottes zu sehen und nicht als strenger Richter über das Leben anderer urteilen.
Ich will versuchen, meinen Nächsten gnädiger anzusehen, als geliebtes Kind Gottes, auch wenn er anders ist als ich.
Wir sollen E I N E Gemeinde sein, das war sein Vermächtnis an uns!
Um uns immer und immer wieder an sein Geschenk an uns zu erinnern und die Gemeinschaft seiner zukünftigen Gemeinde zu festigen, feierte er am Abend vor seinem Tod das letzte gemeinsame Mahl mit seinen Jüngern, zum Gedenken an sein Sterben und seine Auferstehung.
"Nehmet hin und esset, mein Leib und mein Blut, für euch gegeben. Tut dies zu meinem Gedächtnis."
Alle an einem Tisch, der Verräter, der Verleumder, Menschen unterschiedlichster Herkunft, aber alle in der Nachfolge Jesu.
Jede Feier des Abendmahls, der Eucharistie ist ein Vorgeschmack auf ein Leben in versöhnter Verbundenheit. Im gemeinsamen Mahl erleben wir eine Ahnung von einer auf immer bleibenden Gemeinschaft.
Und dann kann aus misstrauischer, besitzergreifender, verletzender, anstrengender Beziehung, nachsichtige und gütige Liebe wachsen.
Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott.
Wir sollen bleiben, bleiben in Liebe, in versöhnter Einheit, trotz aller Unterschiede, trotz aller Anfechtungen und Enttäuschungen.
Wer bleibt kommt sich näher, untereinander und mit Jesus Christus.
Dann sitzen wir vielleicht irgendwann einmal, alle zusammen mit ihm beim Abendmahl um den großen Tisch.
Was meinst Du Jesus, sind wir diesem Ziel heute Abend nicht wieder ein schönes Stück näher gekommen?
Die Liebe Gottes und die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft des Hl- Geistes bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.